- Elisabeth Gehrig-Bossi, Präsidentin Bärner Goldys -

Bericht aus der Mitgliedversammlung der Bärner Goldys am 25. März 2022

Am Vormittag dieses Tages haben wir mit 24 interessierten Veteraninnen das „Haus der Religionen – Dialog der Kulturen“ besichtigt.
Das Haus der Religionen ist in der Überbauung Europaplatz untergebracht. Im Komplex sind diverse Läden, Gastroangebote, Büros, 88 Wohnungen und ein Parkhaus zu finden.
Dazu ist es weltweit das einzige Haus, in welchem so viele Religionsgemeinschaften unter-gebracht sind, teilweise mit eigenen sakralen Räumen.
In der Geschichte dieses Teils der Gesamtüberbauung war es am Anfang recht schwierig, genügend Mittel für die Finanzierung aufzutreiben. Der Durchbruch erfolgte, nachdem die Rudolf und Ursula Streit-Stiftung die Zusage von 2,75 Mio CHF für das „neue Wunder von Bern“ zugesichert hatten. Dann trugen auch die katholische und reformierte Gesamtkirch-gemeinden mit je 1 Mio CHF, die Burgergemeinde Bern mit fast 1 Mio CHF und dann auch der Grosse Rat des Kantons Bern mit der Genehmigung eines Kredites aus dem Lotteriefonds von 2,2 Mio CHF zur Finanzierung bei.

Bei der Eröffnung am 14. Dezember 2014 waren 5 Religionsgemeinschaften in den eigenen Kultusräumen untergebracht: Aleviten, Buddhisten, Christen, Hindus und Muslime. Heute sind weitere 3 Gemeinschaften dabei: Sikhs, Juden und Bahá’i.

Wir wurden auf sehr angenehme Art von Kishor Paul durch die Räume geführt. Er gab uns Interessantes zu den jeweiligen Religionen bekannt.

Der Raum der Aleviten (Dergâh) ist sehr einfach und spartanisch eingerichtet, mit einem wunderschönen Wandteppich, welcher die vier Elemente und das Leben von Tieren und Menschen, versinnbildlicht. Der Glaube hat einen starken Naturbezug, mit all ihren Wesen und Erscheinungsformen.


Die 12 beleuchteten Wandnischen

Symbolisieren die 12 Philosophen oder die 12 Dichter, die mit ihrer Lehre das Alevitentum begründet haben. Die Zahl 12 hat eine wichtige Bedeutung, so fasten praktizierende Alevit:innen jedes Jahr während 12 Tagen.
Der Dergâh ist Gebetsraum und Begegnungsort zugleich.

Auch der Raum der russisch-orthodoxen, äthiopisch-orthodoxen mit den wunderschönen Bildern der Heiligen beeindruckte uns. Absolut ein Höhepunkt war in diesem Raum die Orgel, die aus der Wand kommt und die man mit Tasten rauf/runter einfach bedienen kann. Es ist aber sehr schwierig, da es beide Hände braucht und auf der anderen Seite des Raumes ebenfalls zwei Hände nötig sind.

Der Tempel der Hindus leuchtete in allen Farben und Formen, Personen mit vier Händen, Gesichter halb Mensch halb Tier, eine immense farbliche Vielfalt „erschlug“ uns fast. Interessant hier zu hören, dass all diese Farbenpracht aus Lehm in nur vier Monaten von Spezialisten aus Indien erstellt wurde, obwohl eigentlich dafür 1 ½ Jahre nötig sind.


Der Hinduismus ist in Indien entstanden und hat weltweit 1,25 Milliarden Anhänger. Mit 15 % der Weltbevölkerung bilden Hindus die drittgrößte Glaubensgemeinschaft der Welt nach Christen und Muslimen. Sie teilen Anschauungen mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Es gibt zahllose Götter und Göttinnen, Seher und Heilige. Das dichte Geflecht von religiösen und philosophischen Strömungen ist über die vergangenen 4000 Jahre entstanden.
Das Dreiergespann der Götter Brahma, Vishnu und Shiva gehört vermutlich zu den bekanntesten Göttern. Gläubige verehren sie zu Hause und im Tempel – in verschiedenen Verkörperungen und mit vielfältigen Namen. Vishnu zumeist in seiner Form als Gott Krishna, in seiner Form als Kind oder als König Ram. Shiva etwa als Nataraj, den Herren des Tanzes, oder als Bhairav, den Schrecklichen. Zu den beliebtesten Göttinnen gehören Durga, Lakshmi, Kali und Sarasvati. Diese Göttinnen verkörpern alle Shakti, die elementare weibliche Kraft des Universums.

In der Moschee erwartete uns dann der Iman Mustafa Memeti. Er steht für einen modernen Islam und ist darum in der Politik und bei den Medien gleichermassen beliebt. Die «SonntagsZeitung» kürte den albanischstämmigen gebürtigen Serben, der 2005 hier eingebürgert wurde, gar zum «Schweizer des Jahres 2014». Für viele konservative Musliminnen und Muslime ist Memeti indes ein rotes Tuch. Er bekommt regelmässig Drohbriefe. Im Herbst 2014 wurde gar seine Moschee verwüstet. Memeti gibt sich unbeeindruckt – und engagiert sich weiter, zum Beispiel im Haus der Religionen am Berner Europaplatz. Dort steht er der Moschee vor und predigt Tür an Tür mit Christen, Juden, Hindus und Buddhisten.

Herr Memeti antwortete uns mit viel Charme und treffenden Worten auf unsere vielen Fragen.


Schlussbild mit Iman Memeti

Es gibt etwa 1,2 Milliarden Muslime auf der Welt. Fast alle üben ihren Glauben friedlich aus. Der Islam gründet sich auf die Offenbarungen des Propheten Mohammed (570-632 nach Christus). Er lebte in Mekka und Medina und empfing im Laufe seines Lebens immer wieder Botschaften von Gott. Diese Offenbarungen (Suren) sind im Koran gesammelt.
Im Islam gibt es zwei große Glaubensrichtungen: die Sunniten und die Schiiten. Die Anhänger der Schia (Shiiten) machen nur etwa ein Zehntel der Moslems aus. Im Iran z.B. ist die Schia Staatsreligion. Im Irak und in Aserbaidschan leben ebenfalls sehr viele Schiiten. Die meisten Moslems aber sind Sunniten. Sie glauben an die Sunna. Unter der Sunna versteht man alles, was Mohammed laut Überlieferung gesagt, getan und entschieden hat. Grundsätzlich tun dies auch die Schiiten. Die unterschiedliche Entwicklung der beiden Glaubensrichtungen beginnt mit dem Tod des Propheten Mohammed.

Nach der Führung durch dieses interessante Haus der Religionen – Dialog der Kulturen wechselten wir etwas weiter in die Trattoria Bella Italia. Dort erwartete uns ein einfacher Apéro, dann ein feines Mittagessen mit Salat, Lasagne oder Cannelloni und als Dessert ein himmlisch schmeckendes hausgemachtes Tiramisù. Zum Mittagessen kamen dann noch sechs weitere Mitglieder dazu.

Die Versammlung begann dann um 14.15 Uhr mit 31 Anwesenden und der Vorstand der Goldys führte die GV zügig durch, da ja die Rechnung und die Berichte von den Anlässen bereits vorher den Mitgliedern zugestellt wurde. Es wurde noch über die geplanten Tätigkeiten in diesem Jahr informiert und über die Übernahme der Durchführung der STVV-Tagung am 28. September 2024 im Berner Seeland.

Nach der Versammlung blieben die meisten noch für einen kurzen Umtrunk im schönen und warmen Garten des Restaurants für kollegiale Gespräche sitzen.

 

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